Das ukrainische Erbrecht unterscheidet zwischen beweglichem Vermögen und Immobilienvermögen:
Immobilienvermögen – aus deutscher und ukrainischer Perspektive
Hinsichtlich der Vererbung von in der Ukraine gelegenen Immobilien und Rechten, die einer staatlichen Registrierung in der Ukraine bedürfen, gilt gemäß Artikel 71 des ukrainischen IPR-Gesetzes vom 23. Juni 2005 grundsätzlich das ukrainische Erbrecht.
Dies ergibt sich im Verhältnis zu Deutschland aus dem Konsularvertrag vom 25. April 1958, der mit der damaligen UdSSR abgeschlossen wurde und dessen Fortbestand Deutschland und die Ukraine vereinbart haben (BGBl 1993 II S. 1189).
Abgrenzung: Das bedeutet, Anzuwenden ist in der Regel, immer das Erbrecht des Landes auf dessen Gebiet sich vererbte Immobilie befindet.
Bewegliches Vermögen
Der Konsularvertrag von 1958 findet auf bewegliches Vermögen keine Anwendung. Da es kein universelles internationales Erbrecht gibt, ist das jeweilige internationale Erbrecht des jeweiligen Landes entscheidend:
In Bezug auf bewegliches Vermögen legt die ukrainische Rechtsprechung das Recht des Staates zugrunde, in dem der Erblasser zuletzt seinen Wohnsitz hatte, sofern keine anderslautende Rechtswahl vorliegt (Art. 70 des ukrainischen IPR-Gesetzes vom 23.06.2005). Im Gegensatz dazu berücksichtigt ein deutsches Gericht – für Erbfälle vor dem 17.08.2015 – die Staatsangehörigkeit des Erblassers und für Erbfälle nach diesem Datum den letzten gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 21 EU-ErbVO).
Ab dem 17.08.2015 bestimmt sich die Anwendung deutschen Rechts auf bewegliches Vermögen unmittelbar durch die «neue» EU-Erbrechtsverordnung für Erbfälle, die sich zu diesem Zeitpunkt oder später ereignen. Falls der Erblasser keine Rechtswahl zugunsten seines Heimatrechts getroffen hat, legt die Verordnung in Artikel 21 den Fokus auf den letzten ständigen Aufenthalt des Erblassers.
Möglichkeit der Rechtswahl
Rechtswahl
Gemäß Artikel 22 der EU-Erbrechtsverordnung kann der Erblasser durch ein Testament bestimmen, dass für sein gesamtes Vermögen das Recht des Staates gelten soll, dem er zuletzt angehörte oder dem er im Zeitpunkt seines Todes angehört.
Ebenso sieht das Recht der Ukraine eine Option zur Rechtswahl vor, wie in Artikel 70 des ukr. Gesetzes über das Internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) vorgesehen:
„Artikel 70. Erbrechtliche Angelegenheiten
Unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Artikel 71 und 72 dieses Gesetzes werden erbrechtliche Angelegenheiten durch das Recht des Staates geregelt, in dem der Erblasser zuletzt seinen Wohnsitz hatte, sofern im Testament nicht das Recht des Staates gewählt wurde, dessen Staatsbürger der Erblasser war. Die Rechtswahl des Erblassers ist ungültig, wenn sich nach der Testamentserrichtung seine Staatsbürgerschaft geändert hat.“
Eine Auswahl des anwendbaren Rechts kann sich auch aus den Umständen ergeben, zum Beispiel, wenn der Erblasser in seinem Testament deutsche Rechtsbegriffe verwendet hat.
II. Einfluss des ukrainischen Güterrechts auf das Erbrecht
Von ukrainischer Seite aus gilt grundsätzlich der gesetzliche Güterstand in Form einer Zugewinngemeinschaft. Dies bedeutet, dass das während der Ehe erworbene Vermögen als Gemeinschaftseigentum betrachtet wird. Folglich gehört zum Nachlass ausschließlich die dem verstorbenen Ehegatten zugeordnete Hälfte des gemeinsamen Vermögens. Zudem stehen dem überlebenden Ehegatten Sonderregelungen zu – beispielsweise hat er ein Vorrecht auf Herausgabe von Gegenständen des sogenannten ehelichen Gesamtvermögens, sofern dadurch nicht erhebliche Interessen der anderen Erben beeinträchtigt werden.
III. Materielles Erbrecht in der Ukraine
Der ukrainische Gesetzgeber unterscheidet, ähnlich wie der deutsche, zwischen gesetzlicher Erbfolge und testamentarischer Erbfolge.
Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge in der Ukraine folgt einem Ordnungssystem, das sich wie in Deutschland nach fünf Kategorien gliedert:
Erste Ordnung (Art. 1261 ZGB): Abkömmlinge des Erblassers, Eltern, überlebender Ehegatte.
Zweite Ordnung (Art. 1262 ZGB): Geschwister des Erblassers und Großeltern des Erblassers.
Dritte Ordnung (Art. 1263 ZGB): Tanten und Onkel des Erblassers.
Vierte Ordnung (Art. 1264 ZGB): Personen, die mindestens die letzten 5 Jahre vor Anfall der Erbschaft in einem familienähnlichen Verhältnis mit dem verstorbenen Erblasser gelebt haben.
Fünfte Ordnung (Art. 1265 ZGB): Alle weiteren Verwandten bis zum sechsten Verwandtschaftsgrad.
Erben einer höheren Ordnung schließen alle anderen Verwandten aus einer niedrigeren Ordnung als Erben aus. Innerhalb der Kategorien wird der Nachlass zu gleichen Teilen auf die Erben der jeweiligen Ordnung verteilt.
Testament
Die Möglichkeit, die gesetzliche Erbfolge durch ein Testament zu ändern, besteht im ukrainischen Recht. Hierfür ist die Beglaubigung eines Notars gemäß Artikel 1248 ff. ZGB erforderlich. Alternativ kann ein Testament auch formwirksam sein, wenn es den Vorschriften des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Erblassers entspricht. Nach Artikel 72 IPRG genügt sogar die Einhaltung der Formvorschriften des Errichtungsortes des Testaments, z. B. in Deutschland.
Es besteht auch die Möglichkeit eines «gemeinschaftlichen Testaments», jedoch unterscheidet es sich von einem «Ehegattentestament» oder «Berliner Testament» nach deutschem Erbrecht. Verfügungen sind nur über das während der Ehe erworbene gemeinschaftliche Vermögen möglich. Das vor der Ehe entstandene Eigenvermögen bleibt unberührt und erfordert möglicherweise die Erstellung eines zweiten Testaments.
Eine weitere Option ist die Vereinbarung eines Erbvertrags gemäß Artikel 1302 ZGB. Ob dies als bindende Erbeinsetzung nach deutschem Erbrecht betrachtet wird oder eher eine schuldrechtliche Verfügung darstellt, ist umstritten. In jedem Fall übernimmt eine Vertragspartei nach dem Tod des Veräußerers das Vermögen gegen die Verpflichtung, die Anordnung des anderen zu übernehmen.
Pflichtteil
Wenn das Erbe testamentarisch erfolgt, haben nahestehende und bedürftige Verwandte, die von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wurden, Anspruch auf den Pflichtteil. Nach ukrainischem Recht gehören dazu nur minderjährige oder volljährige, aber arbeitsunfähige Kinder des Erblassers sowie gegebenenfalls arbeitsunfähige Eltern oder der arbeitsunfähige Ehegatte.
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des den betroffenen Personen gegebenenfalls nach Gesetz (siehe III. 1.) zustehenden Erbteils.
IV. Nachlassesabwicklung
Der Prozess der Nachlassabwicklung unterscheidet sich von dem in Deutschland. Der Nachlass geht nicht automatisch auf den Erben über, sondern erst nach Annahme der Erbschaft; In Deutschland hingegen erfolgt das automatisch. Eine Evtl. Erbausschlagung muss hingegen erklärt werden. Für die Erbannahme gilt eine Frist von 6 Monaten. Personen, die mit dem Erblasser in einem Haushalt zusammengelebt haben, sind von der gesonderten Annahme ausgeschlossen. Sofern diese nicht ausdrücklich innerhalb von sechs Monaten auf die Erbschaft verzichten, geht das ukrainische Erbrecht stillschweigend von einer Annahme aus. Die Annahme der Erbschaft muss notariell beglaubigt werden. Diese Annahme der Erbschaft kann auch im Ausland erfolgen und vor einem deutschen Notar abgegeben werden.
Nach Annahme der Erbschaft muss ein Erbschein beantragt werden.
Zuständig dafür ist das Notariat am letzten Wohnsitz des Erblassers. Falls diese Information fehlt, wird der Ort des Immobilienstandorts als der Ort des Erbfalls betrachtet, und die dort ansässige Stelle ist zuständig. Wenn keine Immobilien zum Nachlass gehören, gilt der Ort der Erbgegenstände gemäß Artikel 1221 ZGB. Bei einem Wohnsitz im Ausland ist wahrscheinlich anzunehmen, dass auch in diesem Fall der Ort der Erbgegenstände maßgeblich ist.
Mit dem Erbschein können dann entsprechende Veränderungen in den Immobilienregistern vorgenommen werden, oder sonstwie über das Erbe verfügt werden.
V. Erbschaftssteuer
Nach ukrainischem Recht fällt eine Erbschaftssteuer an, die je nach Verwandtschaftsgrad unterschiedlich gestaffelt ist. Ausgenommen davon sind Verwandte ersten Grades, die in der Ukraine wohnhaft sind und dort steuerlich veranlagt werden.
Unsere Leistungen bei Erbsachen in der Ukraine
Erbschaftsannahme eines ukrainischen Erbes in Deutschland. D.h. der Erbe braucht nicht in die Ukraine zu reisen um die Erbschaftsannahme zu unterschreiben. Dies können sie bei uns in Deutschland erledigen.
Ausstellung des Erbscheines in der Ukraine durch unsere Notare in der Ukraine. Dies können wir mit Vollmacht erledigen. Dazu brauchen Sie ebenfalls nicht in die Ukraine anreisen.
Umregistrierung von Immobilien nach Erbe. Auch das kann mit Vollmacht erfolgen.
Wir begleiten Sie bei allen Erbfällen und führen den gesamten Erb- Übertragungs- und Umregistrierungsprozess in der Ukraine durch.
Dazu brauchen Sie als Erbe nicht in die Ukraine anreisen.
Wir können das mit einer Vollmacht für Sie erledigen.
Ebenso einen evtl. geplanten Verkauf der Immobilie, oder Übertragung an Dritte.